Oktober: Ferienhotellerie gewinnt an Aufmerksamkeit

Oktober: Ferienhotellerie gewinnt an Aufmerksamkeit


Chart des Monats
02.10.2020 Autor/en: Dierk Freitag

Der Lockdown brachte den Tourismus in Deutschland wie überall auf der Welt fast vollständig zum Erliegen. Seitdem sind die Übernachtungszahlen eingebrochen, in den deutschen Großstädten zeitweise um mehr als 90 Prozent. Dass die Zahlen insgesamt nicht noch schlechter sind, liegt an der Ferienhotellerie. Längst denken Entwickler und Investoren über neue Projekte nach.

Vom Einbruch der Übernachtungszahlen waren alle Beherbergungsformen in Deutschland gleichermaßen stark betroffen, mit leichten Vorteilen für die Economy-Hotellerie und für Ferienwohnungen bzw. Mietapartments. Mit der schrittweisen Aufhebung der Reisebeschränkungen stieg die touristische Nachfrage im Juni 2020 wieder an. Dennoch schloss der Juni mit einem Übernachtungsminus von ­-41,7 % zum Vorjahr.

Dass das Minus nicht noch höher ausfiel, ist insbesondere der Freizeithotellerie zu verdanken, die in den Sommermonaten vielerorts hohe Buchungszahlen erreichte. In der Tourismusregion Chiemsee-Chiemgau betrug das Minus im Juni 2020 nur noch -15,5% zum Vorjahr. Und auch an Ost- und Nordsee sorgte die starke Binnennachfrage für relativ hohe Gästezahlen, in erster Linie in Ferienzentren, -häusern und -wohnungen, da dort die Abstandsregeln besser als in Hotels einzuhalten waren. Zudem mussten viele Hotels ihr Leistungsspektrum aufgrund der Hygieneregeln deutlich reduzieren. Wellnessbereiche durften nur bedingt genutzt werden, Gastronomie nur mit Einschränkungen. Dennoch hat die Ferienhotellerie durch Corona an Aufmerksamkeit gewonnen. Bisher auf Retail-Projekte spezialisierte Developer wollen nun z.B. Ferienprojekte an Nord- und Ostsee entwickeln und einige Investoren, die bisher nur in Stadthotels investierten, denken über eine Beimischung nach.

Allerdings haben einige Banken bereits bekannt gegeben, Hotels vorerst nicht mehr finanzieren zu wollen. Und auch im Transaktionsbereich finden derzeit kaum noch Aktivitäten statt. Im zweiten Quartal 2020 wechselten lediglich acht Hotels den Besitzer. Und bis Mitte August sind nur noch vier Verkäufe hinzugekommen. Der Blick der Investoren wird sich verändern. Hotels mit großen Veranstaltungskapazitäten oder Flughafenhotels könnten die Leidtragenden sein. Investoren werden sich zukünftig intensiver mit Konzept und Betreiber auseinander- setzen als bisher und auch Drittverwendungsoptionen im Ankauf stärker berücksichtigen, wie dies mittlerweile bei Einzelhandelsimmobilien üblich ist. Investitionsseitig sind Hotels momentan eine Wette auf die Zukunft.

Selbst bei einer zeitnahen Rückkehr zur Normalität ist frühestens 2022 damit zu rechnen, dass der Tourismus in Deutschland das Niveau von 2019 erreicht. Wahrscheinlicher ist eine Erholung in den Jahren 2023/2024, da viele touristische Quellmärkte weitaus stärker von Corona betroffen sind als Deutschland.

Was die Hotellerie jetzt dringend braucht, sind private und politische Akteure, die den Willen und die Kraft zum gegenseitigen Ausgleich haben, auf privater Seite sowohl bei Mietern als auch bei Vermietern. Solche Hilfen sind keine Einbahnstraße, sondern eine Investition in die Zukunft – denn nach Corona werden sich alle Beteiligten an den gemeinsamen Umgang während der Krise erinnern.

 

Hinweis: Der Text ist ein Auszug aus dem Kapitel im Herbstgutachten des ZIA von bulwiengesa zu Büro-, Logistik-, Hotel- und Pflegeimmobilien.

Ansprechpartner: Dierk Freitag, Bereichsleiter Hotel- und Freizeitimmobilien, freitag [at] bulwiengesa.de