Ortstermin: Büro und Gewerbe am Berliner Flughafen
Ortstermin: Büro und Gewerbe am Berliner Flughafen
Im Oktober soll der neue Hauptstadtflughafen eröffnen, jetzt aber wirklich. Für die Berliner Sparkasse haben wir uns die Büro- und Gewerbeimmobilienmärkte in dessen Umfeld angesehen. Das Potenzial, den ausgezehrten Berliner Büromarkt zu entlasten, ist groß. Allerdings ist auch klar: Mögliche Konjunkturschwächen treffen zuerst periphere Lagen.
Der derzeitige Mangel an Büroflächen in der deutschen Hauptstadt – in Verbindung mit einem dynamischen Anstieg der Mieten in der jüngsten Vergangenheit – lässt periphere Standorte auch außerhalb der Berliner Stadtgrenzen in den Fokus von Investoren und Mietern rücken. Jedoch können durch die Auswirkungen der Corona-Krise dezentrale Lagen an Bedeutung verlieren, da hier die konjunkturelle Schwächephase zu Überkapazitäten führen kann. Doch wie wirkt sich diese Entwicklung auf die sogenannte Flughafenachse aus? Diese soll in den kommenden Jahren durch die Fertigstellung von Großprojekteneinen enormen Wachstumsschub erfahren. Neben der Eröffnung des neuen Hauptstadtflughafens wird auch die Inbetriebnahme der Tesla Gigafactory großen Einfluss auf die Entwicklung im Süden und Südosten Brandenburgs haben.
Schönefeld und der Hauptstadtflughafen Berlin-Brandenburg
Nach der Abnahme der Sicherheitsanlage durch den TÜV wird der Flughafen Berlin-Brandenburg (BER) wohl Ende Oktober 2020 nach einer Bauzeit von 14 Jahren eröffnen. Zwar ist der Flugbetrieb aufgrund der Corona-Pandemie derzeit rückläufig, aber mittelfristig kann von einer Normalisierung ausgegangen werden. Mit der Inbetriebnahme wird auch die Region in den kommenden Jahren einen erneuten Entwicklungsschub erhalten. Vor allem der Landkreis Dahme-Spreewald und Schönefeld, auf dessen Gemarkung der BER liegt, werden hiervon profitieren.
Der derzeitige Büroflächenbestand am BER ist durch Gebäude der 1990er- und 2000er-Jahre geprägt. Dabei lag der Entwicklungsschwerpunkt in den 1990er-Jahren im Lilienthalpark und an der Mittelstraße. In den 2000er-Jahren entstanden Neubauten fast ausschließlich im Zuge der Entwicklung des Flughafens im Terminalumfeld. Aktueller Schwerpunkt der Entwicklungstätigkeit ist die Hans-Grade-Allee in Neu-Schönefeld. In Summe verfügt der Teilmarkt derzeit über einen Büroflächenbestand von rund 160.000 qm MFG. Zum Vergleich: Der kleinste Berliner Teilmarkt – die Europacity – hat einen Flächenbestand von rund 250.000 qm MFG (2019). Die derzeitigen Bestandsstrukturen schlagen sich auch im Mietniveau für Büroflächen nieder: Für Neubauten werden in der Spitze 18,00 Euro/qm MFG und für Bestandsflächen bis 13,00 Euro/qm MFG aufgerufen.
Aktuell sind rund 2.400 Firmen im Umfeld des Flughafens angesiedelt. Nach Schätzungen könnten bis 2035etwa 60.000 bis 70.000 Arbeitsplätze vom neuen Hauptstadtflughafen abhängig sein (siehe Tagesspiegel vom 20.02.20). Diese Erwartungen spiegeln sich auch in der Bautätigkeit wider, die in den kommenden Jahren spürbar anziehen wird. So könnten bis 2024 rund 80.000 qm MFG p. a. allein in Schönefeld entstehen, wobei es im Zuge der Corona-Pandemie zu zeitlichen Verschiebungen kommen kann. Zum Vergleich: In den letzten fünf Jahren wurden knapp 6.000 qm MFG p. a. realisiert.
Insgesamt werden die geplanten Entwicklungsgebiete in Schönefeld einen differenzierten Nutzungsfokus haben. Der Großteil ist als Büro- und/oder Hotelstandort konzipiert. Folgende Quartiersentwicklungen sind hier beispielhaft zu nennen:
- AirTown: Das knapp zehn Hektar große Gelände bildet unmittelbar an der BAB 113 das Eingangstor zum neuen Hauptstadtflughafen. Durch die besondere Lagegunst ist die Sichtbarkeit und Erreichbarkeit der AirTown als sehr gut einzustufen. Vergleichbare Standorte existieren im Umfeld nicht. Insgesamt sollen in der AirTown rund250.000 qm BGF entstehen, davon 140.000 qm BGF im nördlichen und 110.000 qm BGF im südlichen Bereich. Dabei existieren für das nördliche Areal schon erste Planungen. Hier sollen u. a. zwei Hotels (insg. rund 24.000 qm), ein Gebäude mit Business Apartments (4.800 qm) sowie ein Ärztehaus mit Höhentrainingszentrum (8.000 qm) realisiert werden. Der Baubeginn ist für Mitte 2021vorgesehen. Die Bauarbeiten für den südlichen Bereich sollen ein Jahr später starten. Die Berliner Sparkasse tritt im Entwicklungsgebiet AirTown als Finanzierer auf.
- Gatelands: Der Businesspark schließt nördlich an die AirTown an und kann sowohl von der A 113 als auch von der nördlich verlaufenden Bahntrasse eingesehen werden. Investoren wie OFB entwickeln auf einer Fläche von etwa zehn Hektar rund 290.000 qm BGF. Davon entfallen 20 % auf Hotel- und 80 % auf Büroflächen, die durch Handels- und Dienstleistungsflächen ergänzt werden. Innerhalb des Businessparks ist bereits 2013 – im Zuge der ursprünglichen Eröffnung des BER – das B&B Hotel Berlin-Airport fertiggestellt worden. Auch die bereits genannte Entwicklung Skygate (Office) ist im Entwicklungsgebiet angedacht.
- Airgate: Das rund 14 Hektar große Entwicklungsgebiet liegt östlich des BER an der Zufahrtsstraße zum Flughafen. Im Gegensatz zur AirTown oder dem Businesspark Gatelands kann das Gebiet nicht unmittelbar von der Autobahn eingesehen werden. Im Quartier Airgate können rund 275.000 qm BGF im Segment Büro und Hotel entstehen. Das Areal, das im Besitz der FBB (Flughafen Berlin Brandenburg GmbH) bzw. der öffentlichen Hand ist, befindet sich derzeit noch in der Planungsphase.
- Midfield Expo Gardens ist ein rund zehn Hektar großes Gebiet in unmittelbarer Nähe der Service Areas. Das Quartier ist ebenfalls im Besitz der FBB (Flughafen Berlin Brandenburg GmbH) und befindet sich derzeit noch im Planungsstadium.
Andere Entwicklungsareale sind hingegen explizit für Logistik und gewerbliche Nutzungen vorgesehen:
- Business-Park Wassmannsdorf: Nördlich des BER-Geländes, unmittelbar an der B 96a gelegen, bietet der Park ein Potenzial von über 1 Mio. qm BGF. Neben Büro- und Hotelgebäuden sind auch Logistikflächen vorgesehen. Dabei sind auch hier hochwertige Bürolagen mit Blick auf das Flughafenareal denkbar. Das Gelände befindet sich derzeit noch in der Planung.
- Der Business Park Berlin (inkl. Segro Airport Park) – zwischen der A 113 und der A 117 – verfügt über eine Grundfläche von 109 Hektar. Hier betreibt u. a. der Industrieimmobilien-Konzern Segro Logistik- und City-Logistik-Flächen. Auch Hotels wie das 2012 fertiggestellte Meininger Hotel Berlin Airport sind hier situiert. Weitere Hotelflächen (niu Hotel und Boardinghouse der Project Immobilien Gruppe) oder Logistikgebäude sind derzeit in Bau. Perspektivisch können hier auch einige Büroobjekte (bspw. B3.Offices der Project Immobilien Gruppe) entstehen. Insgesamt besitzt das Areal – für Hotels, Büros oder Logistikgebäude – ein Potenzial von über 500.000 qm BGF.
- Büro- und Gewerbepark Schönefelder Kreuz: Der Büro-und Gewerbepark befindet sich südlich des BER an der A113. Auf einer Fläche von rund 37 Hektar können Büro- als auch Logistikflächen realisiert werden. Aufgrund der eingeschränkten Lagequalitäten sind hier jedoch nur ergänzende Bürokomponenten denkbar. Das aktuell in der Entwicklung befindliche Areal ist u. a. Standort für ein Amazon-Sortierzentrum. Das im Schönefelder Ortsteil Kiekebusch befindliche Objekt wurde von der Berliner Sparkasse finanziert.
Im Gegensatz dazu weisen Gebiete wie Neu-Schönefeld oder die Airport City einen breiteren Nutzungsmix auf. So entwickelt sich Neu-Schönefeld direkt an der südöstlichen Berliner Stadtgrenze zu einem urbanen Quartier, das neben Büro- und Hotelflächen auch über Logistik-, Wohn- und Einzelhandelsflächen verfügt. Insgesamt besteht hier ein Potenzial von über 1. Mio. qm BGF. Dabei sind einige Projekte bereits fertiggestellt (Wohnen am Park, Holiday Inn etc.), befinden sich aktuell in Bau (Mizar – Gate Office) oder in der Planungsphase (Grüne Wohnhöfe). Der Wohnungsmarkt wird ebenfalls im Zuge der BER-Eröffnung und der stark wachsenden Hauptstadt an Bedeutung gewinnen. So wird für den Zeitraum von 2017 bis 2024 innerhalb des Speckgürtels von Berlin in Schönefeld die höchste Wohnungsbautätigkeit erwartet.
Hinweis: Der Text ist ein Auszug aus dem Marktbericht 2/2020 „Großprojekte im Berliner Speckgürtel“ für die Berliner Sparkasse.
Ansprechpartner: Nicole Dornig, Studienleiterin im Bereich Büroimmobilien, dornig [at] bulwiengesa.de