November: Blick in die Logistik-Provinzen
November: Blick in die Logistik-Provinzen
Der Mangel an verfügbaren Grundstücksflächen in einigen Logistikregionen führt dazu, dass die hohe Nachfrage nicht gedeckt werden kann. Unser neues Rechenmodell erfasst deutschlandweit den regionalen Bedarf – und der liegt jährlich bei über 6,5 Mio. qm. Die gute Nachricht: Es gibt Alternativen in der Peripherie.
Die im Oktober erschienene Studie Logistik und Immobilien 2019 zeigt: Die regionalen Schwerpunkte bei der Entwicklung von Logistikflächen liegen zwar nach wie vor in den etablierten Logistikregionen, dort aber zunehmend in der Peripherie. Das Chart des Monats stellt die zehn Regionen mit dem höchsten künftigen zusätzlichen Flächenbedarf dar. Mit „peripheren Regionen“ (PR) sind Regionen abseits von Großstädten oder etablierten Logistikregionen (LOR) gemeint. Aber mittlerweile bevorzugen die meisten Nutzer und Mieter ebenso wie Projektentwickler und Investoren Standorte nah an Ballungsräumen.
Erstmals erfasst das von bulwiengesa entwickelte Rechenmodell „GI-Flex lite“ den deutschlandweiten Bedarf an Logistikfläche. Das Ergebnis zeigt eine große Lücke: Während der ermittelte jährliche Bedarf an zusätzlicher Logistikfläche in Deutschland 6,5 bis 7,0 Mio. qm. beträgt, liegt die aktuelle Neubautätigkeit bei rund 5 Mio. qm. Hier entwickelt sich zunehmend ein Engpass.
Die Berechnung erfolgt, vereinfacht gesagt, durch Verschneidung der logistikrelevanten Beschäftigtenentwicklung mit der Flächennachfrage – je mehr Angestellte, desto mehr Flächen werden benötigt. Allerdings kann sich beispielsweise durch Automatisierung, Digitalisierung oder geringere Lagerhaltung die künftige Flächeninanspruchnahme der Mitarbeiter in den Logistikobjekten verändern. Daher haben wir neben dem hier dargestellten Basisszenario zwei weitere Szenarien gerechnet – eines mit einer gesteigerten und eines mit einer niedrigeren Flächeninanspruchnahme. Beide finden Sie in der Studie (siehe Seite 41).
Höchster Flächenbedarf in den LOR Rhein-Main/Frankfurt und der Peripherie Bayerns – niedrigster in Bad Hersfeld
Besonders hoch fällt der zusätzliche Flächenbedarf im Zeitraum bis 2030 in einigen peripher gelegenen Regionen der Flächenländer aus, wie etwa in Baden-Württemberg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Im Gegensatz zu den etablierten Logistikregionen Hamburg und Berlin, die ebenfalls einen besonders hohen Bedarf an zusätzlichen Logistikflächen haben, ist es dort wesentlich einfacher, die benötigten bebaubaren Flächen zu finden.
Einen sehr hohen Bedarf veranschlagt mit der Logistikregion Rhein-Main/Frankfurt eine Region, die sich in den zurückliegenden Jahren zugleich mit dem höchsten regionalen Fertigstellungsvolumen hervorgetan hat – in der Vergangenheit hat sich die hohe Nachfrage also in überdurchschnittlich starken Bauaktivitäten niedergeschlagen. Auf dem gleichen hohen Bedarfsniveau von rund 7,8 Mio. qm zusätzlicher Logistikfläche bis 2030 bewegt sich die periphere Region des Bundeslandes Bayern.
Für die Studie wurde der Bedarf von insgesamt 41 Regionen berechnet. Der hohe Bedarf in den zehn Regionen des Charts darf nicht darüber hinweg täuschen, dass viele Regionen am unteren Ende der Liste (s. Studie S. 41) einen geringeren zusätzlichen Flächenbedarf haben. So haben die Logistikregionen Bad Hersfeld, Aachen, Magdeburg oder Koblenz bis 2030 so gut wie keinen Bedarf an zusätzlichen Logistikflächen; auch im Saarland ergibt sich weder in der Logistikregion Saarbrücken noch in der peripheren Region nennenswerte Flächennachfrage. Dies muss jedoch nicht bedeuten, dass es sich hier um „abgehängte“ Logistikregionen handelt. Ein niedriger Bedarf kommt zustande, wenn nicht viele logistikrelevante Beschäftigte hinzukommen; in diesen Regionen geht die volkswirtschaftliche Prognose davon aus, dass der Wirtschaftszweig Logistik kaum einen Zuwachs an SVP-Beschäftigten haben wird. Allerdings: Siedelt sich plötzlich Amazon, wie geschehen, in Magdeburg an, ist die Aussage auch bei korrektem Prognosemodell etwas widersprüchlich.
Der Bedarf für Logistikflächen wird auch in Zukunft hoch bleiben, das verdeutlicht die Bedarfsprognose des „GI-Flex lite“-Modells. Das nötige Angebot für diesen Bedarf bereitzustellen, wird zunehmend schwieriger. Vielerorts deutet sich bereits an, dass die Diskrepanz zwischen dem theoretischen Bedarf und dem realisierten Fertigstellungsvolumen bestehen bleiben wird. Zur Deckung des Bedarfs müssten sowohl Bauaktivitäten als auch Verfügbarkeit von geeigneten Flächen erheblich steigen. Darüber hinaus – auch das wird in der aktuellen Studie ausgeführt – gibt es weitere Alternativen, um dem Flächenengpass entgegenzuwirken: etwa durch Verdichtung, die Entwicklung von Brownfields, die Neuordnung von bestehenden Gewerbegebieten, das Zusammenlegen von Grundstücken oder mehrstöckigen Objekten.
Ansprechpartner: Tobias Kassner, Bereichsleiter Industrie- und Logistikimmobilien bei bulwiengesa, kassner [at] bulwiengesa.de