Überhitzung? Der Monatsbericht der Bundesbank
Überhitzung? Der Monatsbericht der Bundesbank
Blase oder nicht? Kein anderes Thema geistert gegenwärtig so durch die Medien. Und weil Krisen und Dramen sich besser verkaufen als Gleichförmigkeit, griffen viele Medien dankbar den Bericht der Bundesbank auf – vermeintliche Blasen-Warnung inklusive. Wir fassen den Bericht noch einmal zusammen.
„Besonders kräftig“, schreibt die Bundesbank, „nahm der Preisauftrieb bei Wohnimmobilien erneut in den deutschen Städten zu.“ Dabei beruft sie sich auf unsere Berechnungen, nach denen die Preise für Wohneigentum dort um 8 % steigen, während sie sich zwischen den Jahren 2010 und 2015 um durchschnittlich 6 ¾ % erhöht hatten.
Tatsächlich war die Preisdynamik in den sieben Großstädten erneut überdurchschnittlich hoch – vor allem bei Eigentumswohnungen. Auch schreibt die Bundesbank, dass „die Teuerungsrate bei vermieteten Wohnungen in den Städten ebenfalls spürbar zunahm. Bei Mehrfamilienhäusern in Deutschland insgesamt blieb sie dagegen mehr oder weniger unverändert hoch. Auch die Preissteigerungen bei Einfamilienhäusern dürften sich im Berichtsjahr regional eher angeglichen haben.“ Ebenso weist die Bundesbank auf die kräftigen Mieterhöhungen bei Neu- und Wiedervermietungen in Höhe von 4 ¾ % auf den städtischen Wohnungsmärkten hin.
Schließlich der vielzitierte Passus: „Insgesamt dürfte die im Berichtsjahr erhöhte Preisdynamik bei Wohnimmobilien über diejenige Entwicklung hinausgegangen sein, die durch demografische und wirtschaftliche Fundamentalfaktoren angelegt ist, und auch die weiter ermäßigten Finanzierungskosten können nur einen Teil der zusätzlichen Dynamik erklären. Die Preisübertreibungen in den Städten betrugen gemäß aktuellen Schätzergebnissen im vergangenen Jahr zwischen 15 % und 30 %. Die Preisabweichungen nahmen vor allem bei Eigentumswohnungen in den Großstädten zu.“
Von einer flächendeckenden Preisübertreibung kann also keine Rede sein. Die Bundesbank argumentiert differenziert: „In den Großstädten, in denen bis zum Jahr 2014 bereits markante Mietsteigerungen durchgesetzt werden konnten, verteuerte sich die Überlassung von Wohnraum im vergangenen Jahr erneut merklich moderater als in den Städten insgesamt.“
Aus unserer Sicht entscheidend für eine Einschätzungen der Zukunft sind die Fundamentaldaten. Das sieht natürlich auch die Bundesbank so. „Die anhaltend kräftige Wohnraumnachfrage steht nach wie vor weitgehend im Einklang mit den guten Einkommensaussichten der privaten Haushalte und den günstigen Arbeitsmarktbedingungen. Das seit dem Jahr 2013 erhöhte Verhältnis von Kaufpreis zur Jahresmiete veränderte sich im abgelaufenen Jahr per saldo praktisch nicht. Während die Preise von Wohnimmobilien in den letzten drei Jahren schneller stiegen als das durchschnittliche verfügbare Haushaltseinkommen, entlasteten die nach wie vor außerordentlich günstigen Finanzierungskonditionen die Haushalte beim Erwerb von Wohneigentum.“
Probleme sind also nicht aus der Preis-Richtung zu erwarten. Andreas Dombret, im Vorstand der Bundesbank für Banken- und Finanzaufsicht zuständig, sieht laut SPIEGEL ONLINE allerdings Warnzeichen in der Ausweitung des Kreditvolumens der Banken. So habe sich 2016 das Wachstumstempo bei den Wohnungsbaukrediten deutlich erhöht. Dombret: „Mit 3,5 Prozent lag es so hoch wie seit 13 Jahren nicht mehr, und auch das Gesamtvolumen hat Ende 2015 mit 1.230 Milliarden Euro einen Rekord erreicht. Deshalb habe ich heute mehr Bedenken als in den vergangenen Jahren, ich sehe erste Wolken am Horizont aufziehen. Als Aufsicht werden wir sehr genau beobachten, ob sich dieser Anstieg fortsetzt.“
Ansprechpartner: Martin Steininger, Chefvolkswirt, bulwiengesa AG, steininger [at] bulwiengesa.de