Marktperspektiven von Wirtschaftsimmobilien | Allgemeine Lage und Investments

Marktperspektiven von Wirtschaftsimmobilien | Allgemeine Lage und Investments


Hintergrund
09.10.2020 Autor/en: Andreas Schulten
Städte im Wandel – Auszug aus dem ZIA-Herbstgutachten
Städte und Ökonomien wandeln sich – und damit unsere Wirtschaftsimmobilien.

Für das Herbstgutachten des ZIA haben wir Investments, Büro-, Logistik-, Hotel- und Pflegeimmobilien analysiert. Lesen Sie hier unsere generelle Einschätzung sowie die Zusammenfassung zu Investments und Wertentwicklung: Das Spektrum der Corona-Einflüsse ist enorm.

Durch den engen Zusammenhang zwischen Immobilienmarkt und Wirtschaftskraft – egal ob in bestimmten Perioden oder an bestimmten Standorten – sind die starken ökonomischen Einflüsse der Corona-Pandemie auch bei Wirtschaftsimmobilien teilweise deutlich zu spüren:

  • Hotel: Massive Einnahme- und Wertverluste sowie Investmentunsicherheit, Transaktionseinbruch
  • Stationärer Textileinzelhandel: Einnahme- und Wertverluste sowie Investmentunsicherheit, Transaktionseinbruch
  • Lebensmitteleinzelhandel: Hohe Einnahme- und Wertstabilität
  • Büro: Hohe Einnahme- und Wertstabilität, Transaktionseinbruch
  • Logistik: Teilweise Einnahme- und Wertanstieg, Transaktionsanstieg
  • Industrie-/Unternehmensimmobilien: Weitgehende Einnahme- und Wertstabilität

Das Spektrum der Corona-Einflüsse reicht von Mietausfällen in einigen betroffenen Branchen über mittelfristig drohende Insolvenzen bis hin zu einem breiten Umsatz- und Ertragsanstieg etwa im Onlinehandel oder bei anderen Logistik-Leistungen. Die Situation auf den Immobilienmärkten ist immer noch sehr differenziert zu betrachten.

Wirtschaftsimmobilien haben mit einigen – sicherlich gravierenden – Ausnahmen etwa im Textileinzelhandel oder in der Businesshotellerie trotz der einschneidenden Rezession noch keine massiven Werteinbrüche in den zurückliegenden Monaten gezeigt. Anders als in vorangegangenen Zyklen in den 1980er- und 1990er-Jahren fehlt ein wesentliches Element eines Abschwungs auf dem Markt für Wirtschaftsimmobilien: das Überangebot. Weder bei Büros noch bei Logistik- und Industrieflächen drohen hohe Leerstandsraten. Es bestehen weiter sowohl für Büros in den großen Städten als auch für Logistikhallen in den Logistikregionen große Angebotslücken. Die Corona-Impulse haben an dieser Tatsache (noch) nichts oder nur wenig geändert, könnten sich aber bei einer langanhaltenden Rezession, zunehmenden Unternehmensinsolvenzen und stark steigender Arbeitslosenzahlen natürlich mittelfristig negativ auswirken. Überdeckt werden die guten Nachrichten bei Logistik und Büro von den negativen Marktdaten für Hotels und Einzelhandel. Sie sind aber volumenmäßig und damit auch volkswirtschaftlich – zumindest in ihren kritischen Segmenten – etwas weniger (system-)relevant.

Investment bei Wirtschaftsimmobilien in Deutschland nach A-Städten, 1. HJ 2019 bis 1. HJ 2020, Indexwert. Quelle: bulwiengesa AG, RIWIS; Grafik: ZIA
Investment bei Wirtschaftsimmobilien in Deutschland nach A-Städten, 1. HJ 2019 bis 1. HJ 2020, Indexwert. Quelle: bulwiengesa AG, RIWIS; Grafik: ZIA

Durch die starke Preisentwicklung hat ebenfalls das starke erste Quartal auf dem deutschen Immobilieninvestmentmarkt dazu beigetragen, dass die deutschen A-Städte im ersten Halbjahr 2020 sogar weltweit an der Spitze der Metropolen stehen, was die Immobilienwertentwicklung angeht. Das globale Marktanalyseunternehmen RCA, Real Capital Analytics, wies im August 2020 im Schnitt für das erste Halbjahr einen Wertzuwachs bei Wirtschaftsimmobilien von über 12 % aus, während Städte wie New York und Boston bei 10 % und darunter, Tokio um 3 % und London unter -6 % liegen.

Diese Zahlen belegen die sich wieder verstärkende Einschätzung, dass ähnlich wie in den Vorjahren, als über Immobilienblasen gesprochen wurde, ein starker Kapital- und Investmentdruck auf deutsche Immobilien anhält, der aus einem niedrigen Zinsniveau im Euro-Raum und den deutschen Leistungszahlen herrührt.

Durch das in weiten Teilen hohe Preisniveau und die weiterhin hohe Nachfrage kann davon ausgegangen werden, dass einige Bestandshalter Portfoliobereinigungen durchführen. Aufgrund der konjunkturellen Eintrübung insbesondere im Fremdenverkehr oder auch im produzierenden Gewerbe dürfte der Anlagedruck etwas nachlassen. Jedoch werden die Rahmenbedingungen an den Kapitalmärkten mit niedrigen Zinsen, hohen Liquiditätsreserven bei den Investoren, Strafzinsen auf Einlagen und den überschaubaren Ertragsaussichten bei Staatsanleihen Investitionen in deutsche Büro- und andere Wirtschaftsimmobilien weiter attraktiv halten.

 

Hinweis: Das Herbstgutachten kann auf der Website des ZIA heruntergeladen werden.

Ansprechpartner: Andreas Schulten, Generalbevollmächtigter bei bulwiengesa, schulten [at] bulwiengesa.de