Wie Start-ups den Berliner Büromarkt verändern
Wie Start-ups den Berliner Büromarkt verändern
Berlin gilt als die Metropole der Start-ups. Alexander Fieback erklärt, welche Auswirkungen das auf den Berliner Büromarkt hat und ob junge Unternehmen dort überhaupt noch genug Flächen finden. Das Interview ist im Vorfeld der Konferenz ImmotionZ – Immobilien für die Generation Z, erschienen, die am 22./23.10.19 in Berlin stattfindet.
Viele junge Digital Natives, nicht nur aus der Generation Z, reizt ein Job bei einem Start-up. Da richtet sich schnell der Blick nach Berlin – welche Rolle spielen denn Start-ups für den dortigen Büromarkt?
Alexander Fieback: Nach wie vor gilt Berlin als die Start-up-Hauptstadt. In keiner anderen deutschen Stadt werden so viele Unternehmen gegründet. Daher ist es nur logisch, dass Start-ups auch eine relevante Größe im Büromarkt werden. Oder vielmehr schon sind: Die Berliner Start-ups sind schon länger kein Nischenphänomen mehr. Mit mehr als 13.000 Beschäftigten zählen die Berliner Start-ups zusammengenommen bereits zu den fünf größten Arbeitgebern der Stadt.
Deutlich wird dies auch an den Anteilen, die diese Unternehmen beim Büroflächenumsatz haben. Im Mittel der letzten fünf Jahre haben sie rund neun Prozent der Büroflächen nachgefragt, in einzelnen Spitzenjahren sogar über 14 Prozent. Etwas schwierig ist es, ein „Start-up“ überhaupt zu definieren. Daher betrachten wir lieber die Digitalunternehmen insgesamt. Gleichzeitig wird dabei auch die Evolution der Start-ups deutlich. So vereinen Digitalunternehmen derzeit mehr als ein Drittel der gesamten Nachfrage nach Büroflächen auf sich – mit steigender Tendenz.
Was sind denn die wichtigsten Kennzahlen auf dem aktuellen Berliner Büromarkt?
Mit einem Flächenbestand von annähernd 20 Millionen Quadratmetern MFG ist Berlin der größte Büroimmobilienmarkt in Deutschland. Und vor allem der mit Abstand dynamischste. Nach wie vor zieht es viele nach Berlin; durch den stetigen Zuzug kamen auch immer mehr Bürobeschäftigte dazu. In den letzten zehn Jahren verzeichnete die Stadt mehr als 160.000 Bürobeschäftigte mehr, das ist ein Plus von 2,8 Prozent jährlich. Dieses Wachstum spiegelt sich deutlich in der Nachfrage nach Büroflächen wider: So wurde 2017 ein neuer Rekordwert mit mehr als einer Million Quadratmeter Flächenumsatz erzielt. Allein das Sony Center, das für 1,1 Milliarden Euro verkauft wurde, hat 112.000 Quadratmeter Nutzfläche.
Interessant ist hier auch, dass sich in den letzten Jahren die Struktur deutlich verändert hat. Denn Basis des jüngsten Anstiegs im Flächenumsatz ist nicht wie früher die öffentliche Hand, sondern das anhaltende Wachstum der Dienstleistungsbranche und der digital orientierten Unternehmen, zu denen auch ein Großteil der Start-ups zählt.
Sind denn überhaupt noch Büros verfügbar?
Fast gar nicht, weder für traditionelle Unternehmen noch für Start-ups. Die Nachfrage nach Flächen ist hoch, gleichzeitig ist die Bautätigkeit viel zu niedrig. Gerade in Berlin ist die Leerstandsquote dramatisch gesunken und bei mittlerweile unter zwei Prozent. Das ist zu wenig Leerstand, wie für einen funktionierenden Markt eigentlich notwendig wäre. Erst einmal wird sich daran auch nichts ändern, erst mittel- bis langfristig erwarten wir wieder eine Stabilisierung.
Durch diesen anhaltenden Nachfrageüberhang verteuerten sich in den letzten Jahren natürlich auch die Büromieten. Allein seit 2016 stieg die Spitzenmiete von 24,00 Euro pro Quadratmeter MFG auf derzeit über 30,00 Euro pro Quadratmeter MFG. Ein derart starkes Wachstum hat es seit Jahren nicht mehr gegeben. Die Mietpreise steigen dabei nicht nur in den Top-Lagen; im gesamten Stadtgebiet ist die Verteuerung spürbar.
Haben sich mit den neuen Nutzern die Büro-Präferenzen verändert?
Spürbar sogar! Start-ups suchen vor allem Lagen mit Szenecharakter. Das sind beispielsweise etablierte Wohnquartiere mit hoher Urbanität und sehr guter Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr in Mitte, Prenzlauer Berg, Kreuzberg und in jüngster Zeit verstärkt auch Neukölln.
Dabei fragen sie weniger die klassischen Büroobjekte nach mit Strukturen, die durch stringente Zellenbüros definiert werden. Vielmehr wünschen sie sich flexible Büroflächen mit offenem und kommunikativem Charakter, gern in altindustriellen Objekten mit Loft- oder Red-Brick-Charme, die den neuen Nutzeransprüchen gerecht werden. Ein Beispiel sind die Höfe der GSG in Kreuzberg und Mitte.
Auch Coworking Spaces werden immer wichtiger. Sie zählen aktuell zu den am meisten nachgefragten Bürokonzepten. Hier drängen seit einiger Zeit auch verstärkt internationale Anbieter auf den Berliner Markt.
Ansprechpartner: Alexander Fieback, Projektleiter Büromarkt Berlin bei bulwiengesa, fieback [at] bulwiengesa.de