Acht Trends in Deutschlands Highstreets

Acht Trends in Deutschlands Highstreets


Einzelhandel
04.08.2020 Autor/en: Dr. Joseph Frechen

Jeder sieht es: Die Top-Einkaufsstraßen und Shoppingcenter verändern sich. Ein interaktives Tool, das wir im Auftrag von BMO Real Estate Partners entwickelt haben, macht künftige Strukturveränderungen und Chancen für 141 deutsche Städte sichtbar. Zudem zeigt der Report acht Trends, die unsere Highstreets in Zukunft prägen werden.

Viele neue Flächenkonzepte in unseren Innenstädten gab es vorher so nicht: hippe City-Baumärkte, gemütliche Cafés in Modestores und modernste Supermärkte. Onliner, die es auf die Fläche zieht, Offliner, die sich digitalisieren und konsolidieren. Gleichzeitig sehen wir eine voranschreitende Durchmischung der Nutzungen in den Highstreets. Urbanität, Lebendigkeit, Aufenthaltsqualität funktionieren vor allem durch Synergien. Kurzum: Deutschlands Städte befinden sich im stetigen Wandel und mit ihnen ihre Highstreets. Entscheidende Treiber sind dabei ein sich veränderndes Konsumentenverhalten und neue städtebauliche Leitlinien. Dort, wo einst vor allem eingekauft wurde, sind zunehmend Wohnungen, Gastronomiebetriebe, Büros und Freizeitflächen zu finden – die zunehmende Diversifizierung hat das Ziel, die Innenstädte auch nach Ladenschluss mit Leben zu füllen.

Mit dem Report „What’s next, Highstreet? Ein Blick auf Deutschlands Einkaufsstraßen“ und dem dazugehörigen Online-Tool werden in Abhängigkeit zur Stadt- und Standortqualität die Mieter- und Besatzstrukturen aufgezeigt. Beides soll Investoren und Assetmanagern zur Orientierung dienen, um Synergien und Diskrepanzen innerhalb der Highstreets zu erkennen und Herausforderungen und Chancen zu sondieren.

Auch beliebte Einkaufsstraßen, hier die Frankfurter Zeil, verändern sich. Das bietet Chancen und Risiken.

Das Tool, im Auftrag der BMO Real Estate Partners Deutschland entwickelt, erfasst die Mieter- und Besatzstrukturen in den Top-Einkaufsstraßen von 141 deutschen Städten. Zusammengeführt werden über 150 Highstreets, rund 150 innerstädtische Shoppingcenter, mehr als 6.600 Mieter und über 20.700 Shops. Das Tool bildet einen Status quo zu Beginn des Jahres 2020 ab, also noch vor COVID-19. Es bietet erstmals einen interaktiven Überblick über Deutschlands Einkaufsstraßen und zeigt deren Entwicklungspotenziale auf. Die Bestandsaufnahme wird zukünftig jährlich aktualisiert und schafft damit die Basis, um Veränderungen am jeweiligen Standort zu verifizieren. Zudem wird sich zeigen, wie stark sich COVID-19 auf unsere Highstreets auswirkt und inwiefern die Pandemie als Trendbeschleuniger oder -bremse fungiert.

Was steckt drin im Highstreet-Tool? Hier unser Making of

Am Ende mag es wirken wie ein einfaches, verspieltes Online-Tool. Doch dahinter stecken große ausgewertete Datenmengen, intensives Nachdenken über sinnvolle Cluster, umfangreiches händisches Research und ein nicht unerheblicher technischer Aufwand.

Was genau steckt nun dahinter? Um den Einzelhandelsbesatz in den 1A-Lagen deutscher Innenstädte in nur einem einzigen, anschaulichen Tool darstellen zu können, haben wir die Highstreet-Lagen von mehr als 140 Städten untersucht und nach Branchenzugehörigkeit und Unternehmenstypen systematisiert. Datengrundlagen bildete neben der bulwiengesa-eigenen immobilienwirtschaftlichen Datenbank RIWIS auch das von Lührmann und bulwiengesa entwickelte Tool L3plus (Veröffentlichung September 2020) sowie dezidierte Auswertungen von Filialfinder durch die Researcher der bulwiengesa. 

Alle Städte wurden nach einzelhandelsrelevanten Standortkriterien geclustert, was sich wiederum an dem von der BayernLB und bulwiengesa entwickelten Städtescoring-Tool DISco (Deutscher Immobilien Score) orientiert. DISco zeigt aktuelle und künftige Stärken-/Schwächen-Profile aller deutschen Immobilienmärkte in den Segmenten Büro, Wohnen und eben Einzelhandel. Auf Basis des DISco hat unser Projektteam eigens für BMO eine Kunden- und marktspezifische Ableitung geschaffen.

Und konkret? Die Stadt Chemnitz beispielsweise ist unter den „Unterschätzten“, Bonn bei den meist ungleich größeren „Top Performern“. Die untersuchten Städte wurden fünf Gruppen zugeordnet:

  • Top-Performer
  • Rising Stars
  • Die Stabilen
  • Die Unterschätzten
  • Kleine Schätze

Schwachpunkte, Stärken und Risiken eines Standortes haben wir anhand der Variablensets Immobilienmarkt, Erreichbarkeit, Bevölkerung, Angebot/Nachfrage, Wirtschaft und Finanzmarkt analysiert und bewertet.

Acht Trends zur Zukunft der Highstreet

Angetrieben durch das widersprüchlich anmutenden Verhalten der Konsumenten – auf der einen Seite die Digitalisierung ihres Alltags und auf der anderen Seite die zunehmende Identifikation mit dem eigenen Umfeld und der Region – kristallisieren sich acht Trends heraus, die den Wandel der Highstreets prägen werden:

1. Individualisierung durch Technisierung
Technologische Bezahloptionen, virtuelle Welten in den Schaufenstern, Displays in den Umkleidekabinen, die den Kunden mit auf eine digitale Reise nehmen, Informationen zu Warenverfügbarkeiten geben, Kombinationsmöglichkeiten aufzeigen und das richtige individuelle Setting präsentieren. Ein Showroom im Showroom.

2. Lebensmittel- und Drogerieeinzelhandel erhöht Präsenz
Der Lebensmittel- und Drogerieeinzelhandel hat seine Präsenz in den Highstreets weiter ausgebaut. Auch die Online-Präsenz wird stetig verbessert, dennoch lautet die Prämisse weiterhin: nah am Kunden bleiben. Um vermehrt Standorte in Innenstadtlagen zu etablieren, werden zum einen kleinteilige City-Konzepte entwickelt, zum anderen ein besonderer Fokus auf eine hohe Aufenthaltsqualität gelegt.

3. „Vertikale“ konzentrieren sich zunehmend nur noch auf einen Highstreet-Standort
Flächenkonsolidierungen in den Highstreets sind keine Seltenheit mehr. In der Folge werden häufig neue Nutzungssegmente und Konzepte in den dann verfügbaren Standorten zu finden sein.

4. Steigendes Interesse an kleineren Flächen
Wer Flächen konsolidieren möchte, braucht weniger Quadratmeter. Wer vermehrt auf Omnichannel setzt, benötigt eventuell mehr Lagerfläche, aber kleinere Verkaufsräume. Diese Restrukturierungen führen zu einer erhöhten Nachfrage nach kleineren Flächen.

5. Zunahme der Erlebnisqualität der Innenstädte
Die „Eventisierung“ der Freiflächen in den Highstreets hat in den vergangenen Jahren einen neuen Schub bekommen. Das Ziel: die Belebung der öffentlichen Räume und die Gestaltung von Orten mit einer hohen Anziehungskraft.

6. Professionalisierung und Zunahme des gastronomischen Angebotes
Von dem Wunsch nach einzigartigen Einkaufserlebnissen und einer optimierten Aufenthaltsqualität profitiert auch die Gastronomie. Vielfältige Konzepte halten bereits heute Einzug in die Highstreets.

7. Kundenansprache und -steuerung durch digitale Dienste
Parkleitsysteme und WLAN-Hotspots sind das eine und machen den Einkauf für den Kunden angenehmer. Die digitale Vernetzung der Händler vor Ort ist das andere. Durch gemeinsame Online-Plattformen werden Synergien gebildet und Bedürfnisse verschiedenster Nutzer auf einen Blick abgedeckt.

8. Vertragslaufzeiten werden flexibler
Die Anforderungen und Wünsche der Händler befinden sich, wie der Handel selbst, in einem Wandel. Die Flexibilisierung der Vertragslaufzeiten steht häufiger auf der Agenda.

 

Hinweis: Tool und Report „What’s next, Highstreet? Ein Blick auf Deutschlands Einkaufsstraßen“ finden Sie hier.

Ansprechpartner: Dr. Joseph Frechen, Bereichsleiter Einzelhandel und Niederlassungsleiter Hamburg, frechen [at] bulwiengesa.de, Telefon 040-42 32 22-25.