Immobilienpreise steigen seit 15 Jahren

Immobilienpreise steigen seit 15 Jahren


Hintergrund
03.02.2020 Autor/en: Jan Finke

Der 44. bulwiengesa-Immobilienindex zeigt: Mit 4,7 Prozent steigen die Immobilienpreise 2019 etwas vermindert. Von einem tatsächlichen Abschwung kann allerdings keine Rede sein. Der Büromarkt strotzt vor Kraft, und nach wie vor ziehen die Preise für Wohn- und Gewerbegrundstücke kräftig an. Lesen Sie unsere fünf Fazits.

Der bulwiengesa-Immobilienindex weist nun seit 15 Jahren in Folge ein positives Vorzeichen auf. Allerdings scheint der Scheitelpunkt des Wachstums überschritten – der Immobilienindex 2020 erreicht aktuell nicht mehr die Steigerungsraten der letzten drei Jahre.

  • Gesamtindex (segmentübergreifend): 4,7 Prozent
  • Teilindex Wohnen: 5,5 Prozent
  • Teilindex Gewerbe: 3,2 Prozent

Wohnen: Kaufen teurer als mieten

Die Preise im Wohnungsmarkt steigen mit 5,5 Prozent wieder deutlich an (Vorjahr: +7,0 Prozent). Preis­trei­ber Num­mer eins blei­ben die Kauf­ob­jekte, egal ob Grund­stücks­preise für Ein­fa­mi­li­en­häu­ser , Kauf­preise für Rei­hen­häu­ser oder Neu­bau-Eigen­tums­woh­nun­gen. Dage­gen ist der Preis­an­stieg bei Woh­nungs­mie­ten im Neu­bau  mit plus 3,6 Prozent und Bestand (+2,5 Prozent) ver­gleichs­weise mode­rat.

Akt­uell bestim­men zwei ent­schei­dende Knapp­heits­fak­to­ren den deut­schen Woh­nungs­markt: der Man­gel an Grund­stü­cken sowie fehlende Bau­ka­pa­zi­tä­ten. Das Sta­tis­ti­sche Bun­des­amt hat im Vorjahresvergleich etwas mehr Bau­ge­neh­mi­gun­gen im Woh­nungs­bau regist­riert, zugleich spricht die Bauindustrie von steigenden Auftragsbeständen für 2020. Nomi­nell müsste also die Zahl der Fer­tig­stel­lun­gen stei­gen. Aller­dings herrscht bei den Bau­ka­pa­zi­tä­ten ein Eng­pass, der seit Jah­ren zu einem stei­gen­den Bau­über­hang führt.

Fazit eins: Eine spür­bare Aus­wei­tung des Woh­nungs­an­ge­bo­tes durch Neu­bau, wie es in einer Bla­sen­ent­wick­lung typisch wäre, bleibt wei­ter­hin aus. Dabei ist die Aus­wei­tung des Woh­nungs­an­ge­bo­tes ein erklärtes politisches Ziel. Aber selbst wenn die Bautätigkeit massiv ausgeweitet würde – die anhaltenden Niedrigzinsen verhindern flächendeckende Überhitzungen.

Gewerbe: Büro-Boom ohne Ende

Der Markt für Gewer­be­im­mo­bi­lien bleibt indif­fe­rent. Wäh­rend Ein­zel­han­dels­mie­ten unter Druck ste­hen, werden Gewer­be­grund­stü­cke und Büro­flä­chen stark nachgefragt. So weist der deutsche Büromarkt seit einigen Jahren hohe Flächenumsätze auf. Da die Neubautätigkeit nicht in gleichem Maße in Gang gekommen ist, hat sich der Leer­stand seit 2013 hal­biert.

Schon seit 2010 stei­gen die Büro­mie­ten deut­lich – 2019 um 6,0 Prozent. Die Nach­frage nach Büro­flä­chen in A- und B-Märk­ten ist äußerst hoch. Der Büromarkt-Boom reicht selbst in viele C- und sogar D-Märkte. Generell ist das Wachs­tum im Büro­sek­tor jedoch ein Phä­no­men der Wirt­schafts­zen­tren.

Fazit zwei: Der deutsche Wirtschaftsmotor stottert leicht, doch die Binnenwirtschaft ist nach wie vor robust. In den Groß­städ­ten treibt Knapp­heit bei Grund­stü­cken und Objek­ten die Mie­ten in die Höhe, in Klein­städ­ten liegt es vor allem an den deut­lich ges­tie­ge­nen Her­stel­lungs­kos­ten und besseren Ausstattungsstandards.

Grundstücke: Preissteigerungen hemmen neue Projekte

Die zweite Säule des star­ken Gewer­be­in­dex sind die Grund­stücks­preise mit einer Stei­ge­rung von 6,8 Prozent. Der Blick auf die Grundstückspreise ist sowohl bei Wohn- wie auch bei Gewerbeimmobilien besonders für Stadtplanung und Projektentwicklung von höchster Bedeutung. Kein anderer Typus weist von den insgesamt neun indexrelevanten Kategorien eine derart hohe Preissteigerung auf wie die Grundstücke. Seit 1990 haben sich Preise für Eigenheimgrundstücke in den deutschen Städten mit 137 Prozent weit mehr als verdoppelt. Gewerbegrundstücke hatten im gleichen Zeitraum immerhin durchschnittlich einen Preisanstieg von 68 Prozent. Die Grundstückspreise lassen in ihrem jeweiligen Sektor Wohnen und Gewerbe den stärksten Anstieg erkennen.

Fazit drei: Dieser Faktor ist aktuell einer der ganz großen Hemmschuhe für neue Quartiere und neue Projekte. Der bloße Grundstücksdeal rechnet sich in deutschen Städten leider immer noch mehr und risikoloser als die Bebauung nit Wohnungen oder Büros.

Einzelhandel: Abwärtstrend verschärft sich

Der Blick auf den Ein­zel­han­del zeigt: Der im Vor­jahr gestar­tete Abwärts­trend hat sich ver­schärft. Aus einem Rück­gang der durch­schnitt­li­chen Ein­zel­han­dels­mie­ten in 1a-Lagen von -0,3 Prozent im Vor­jahr sind deut­li­che -1,4 Prozent gewor­den. Inzwi­schen weist die Hälfte der unter­such­ten Stand­orte ein nega­ti­ves Vor­zei­chen auf.

Fazit vier: Die Unge­wiss­hei­ten bei der Expan­si­ons­po­li­tik vie­ler Filia­lis­ten und der stei­gende Anteil des E-Com­merce haben enormen Einfluss auf die Preisentwicklung. Gerade in klei­ne­ren Städ­ten wirt­schafts­schwä­che­rer Regi­o­nen wird es zur poli­ti­schen Auf­gabe, die Fre­quenz der zent­ra­len Lagen zu hal­ten. Licht­blick für Investoren blei­ben die vor allem vom periodischen Bedarf gepräg­ten Stadt­teil­la­gen.

Ausblick: Marktkorrekturen unwahrscheinlich

Das schwächelnde Verarbeitende Gewerbe verpasste der Konjuktur 2019 einen kleinen Dämpfer. Trotz des daraus folgenden leichten Beschäftigungsrückgang im Sekundärsektor bleibt der Arbeitsmarkt stabil. Hohe Einkommenszuwächse, Abgabenentlastungen und steigende Tariflöhne dürften dafür sorgen, die potenziellen Preissteigerungen beim Immobilienerwerb zu kompensieren. Die Talsohle der Hypothekenzinsen scheint 2020 erreicht und lässt wenig Spielraum für ein weiteres Anziehen der Kaufpreise am Immobilienmarkt.

Fazit fünf: Wenngleich lokale Preisübertreibungen derzeit nicht ausgeschlossen sind, scheinen große Marktkorrekturen aufgrund des stabilen Arbeitsmarktes, einer weiterhin zu geringen Ausweitung des Immobilienangebots insbesondere in den Städten sowie einer geringen Wahrscheinlichkeit rapide steigender Zinsen weiterhin unwahrscheinlich.

 

Über den bulwiengesa-Immobilienindex

Der bul­wi­en­ge­sa-Im­mo­bi­li­en­in­dex ana­ly­siert die Im­mo­bi­li­en­mark­tent­wick­lung in Deutsch­land auf Ba­sis von 50 west­deut­schen Städ­ten seit 1975 und 125 deut­schen Städ­ten seit 1990. Die Er­geb­nis­se des bul­wi­en­ge­sa-Im­mo­bi­li­en­in­dex ba­sie­ren auf der um­fang­rei­chen Da­ten­samm­lung von bul­wi­en­ge­sa und der un­ab­hän­gi­gen Gut­ach­ter­tä­tig­keit mit der Er­stel­lung von Stand­ort- und Markt­ana­ly­sen. Die­se Da­ten­ba­sis wird jähr­lich durch ge­ziel­te em­pi­ri­sche Er­he­bun­gen, Be­fra­gun­gen vor Ort und Zei­tungs­ana­ly­sen er­gänzt und in der RI­WIS-Da­ten­bank pub­li­ziert. Der bul­wi­en­ge­sa-Im­mo­bi­li­en­in­dex wird jähr­lich be­rech­net und ak­tu­a­li­siert.

Weitere Infos auch in unserer Broschüre und Presseinfo. Für den Erwerb individueller Auswertungen und Zeitreihen z.B. von einzelnen Standorten und Assetklassen sprechen Sie uns bitte an.

Ansprechpartner: Jan Finke, Projektleiter bei bulwiengesa, finke [at] bulwiengesa.de