Die nächste Dekade gehört den Centermanagern
Die nächste Dekade gehört den Centermanagern
Neue Shoppingcenter werden kaum mehr entwickelt. Umso mehr ist qualifiziertes Centermanagement gefragt, das eng mit den Mietern zusammenarbeitet und Kundenwünsche antizipiert. Die Branche ist im Umbruch
In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat sich die Anzahl der Shoppingcenter in Deutschland gemäß EHI von rund 180 im Jahr 1995 auf gut 460 im Jahr 2015 erhöht. Doch in den letzten Jahren entwickelten sich die Zuwachsraten stark rückläufig, die Sättigungsgrenze scheint näher zu rücken. Das Gebot der Stunde heißt Bestandspflege. Viele Unternehmen haben sich längst umstrukturiert und ihre Entwicklungs- und Vermietungsabteilungen verkleinert. Stattdessen sind Centermanager gefragt, die umfangreiche Marktforschung betreiben, Social-Media-Kanäle pflegen und enge Partner ihrer Mieter sind.
Diese neue Phase kann als „Center- und Assetmanagement-getriebene Phase“ bezeichnet werden – im Unterschied zur bisherigen, vom Development gekennzeichneten Phase. Die Assetmanager als Vertreter der Eigentümer können sich nicht mehr zurücklehnen. Sie werden sich zunehmend kooperativ mit dem Centermanagement um das Wohl der Mieter und Kunden kümmern und sich mit dem Handwerkszeug der Centermanager auseinandersetzen müssen.
Wettbewerb zwischen Centern und Städten
Denn der Wettbewerbsdruck zwischen den einzelnen Centern und Städten hat sich erhöht, was nicht zuletzt ein Ergebnis dieser von Projektakquisition gekennzeichneten Phase ist; dies führte zu einer Eindämmung der Neuentwicklungen von Einkaufszentren. Dazu führten allerdings auch andere Gründe wie eine restriktivere Auslegung des Planungsrechts oder der zunehmende Online-Handel.
Nun ist also Rückbesinnung auf bereits bestehende, etablierte Einkaufszentren angesagt. Denn diese verfügen oftmals über eine über Jahre bzw. Jahrzehnte gewachsene Marktposition mit intensiver Stammkundenbeziehung und vergleichsweise verlässlichen Einzelhandelsumsätzen. Häufig sind jedoch diese Objekte in die Jahre gekommen und entsprechen weder vom Einzelhandelsmieter- und Angebotsmix noch von Gestaltung oder Serviceangeboten her den gegenwärtigen Kundenanforderungen.
Genau hier setzten im Verlauf der letzten gut fünf Jahre Center- und Assetmanagement an und kümmerten sich zunehmend um Positionierung, Profilierung und Markenbildung der Einkaufszentren. Dabei geht es darum, das jeweilige Center besser auf die Bedarfe seiner Zielgruppen auszurichten und seine Kernkompetenz herauszustellen, um sich stärker vom Wettbewerb abzugrenzen. Dem Kunden wird klar vermittelt, was ihn im Center erwartet – und was nicht. Dazu braucht es profunde Kenntnisse der Endkunden und Mieter.
Centermanager leisten Kärrnerarbeit
Die tägliche Arbeit der Center- und Assetmanager ist, man muss es so sagen, Kärrnerarbeit. Sie wenden Instrumente an, die in der Vergangenheit schon fast in Vergessenheit geraten sind, aber kennzeichnend für die derzeitige Center- und Assetmanagement-getriebene Phase sind.
Die Tools der Assetmanagement-getriebenen Phase:
- Verstärkung von Research-Aktivitäten von und für Einkaufszentren
- Primärmarktforschung, z. B. Kundenanalysen, Lauf- und Frequenzanalysen, Einkaufsanalysen
- Permanente Marktforschung als Frühwarnsystem, z. B. Kundenzählanlagen, Auswertungen der Parkhausnutzung, Webcontrolling
- Anwendung digitaler Dienste wie Beacons und Free WiFi im Center, Betreuung der Social-Media-Dienste, Pflege von Homepage und Blogs
- Benchmark- und Mieterzufriedenheitsanalysen
- (Neu)-Gestaltung zur Erhöhung der Aufenthaltsqualität
- Integration eines vielfältigen Gastronomieangebots
- Angebot neuer Kundendienstleistungen wie Garderoben- oder Gepäckservice, Spielbereich, zentraler Click & Collect-Abholpunkt
Aktuell befindet sich das Gros der Shoppingcenter und Fachmarktzentren, deren Situation ähnlich ist, noch im Anfangsstadium dieser Phase.
Minto-Konzept – vom Hotelwesen inspiriert
Ein Beispiel für diese jüngere Phase ist das 2015 in Mönchengladbach eröffnete Minto Shoppingcenter. Der Betreiber des Minto ist Unibail-Rodamco, die hier das sogenannte 4-Sterne-Konzept anwenden – vom Hotelwesen inspiriert wurde für Shoppingcenter ein Maßnahmenkatalog entwickelt, der regelmäßig durch ein externes Institut überprüft wird. Neben gestalterischen werden insbesondere kundenbezogene Kriterien wie Beratungsleistungen, Service und Erlebnisorientierung bewertet. Der Kunde wird gedanklich bei jedem Schritt begleitet, alle Maßnahmen sollen Einkauf und Aufenthalt so bequem wie möglich gestalten. Ohne kooperativen Umgang von Center- und Assetmanagement und Mietern geht das nicht.
Aber auch ältere Center können diese Leistungsversprechen einlösen. Das Alstertal Einkaufszentrum in Hamburg wurde 1970 eröffnet und zeigt eindrucksvoll, dass ein aktives Center- und Assetmanagement sowohl hinsichtlich seines Mieter- und Branchenmixes als auch seiner Kundenservices immer auf dem aktuellsten Stand sein kann.
In Zukunft werden neue, weitreichende Anforderungen an das Center- und Assetmanagement gestellt werden, um die in Shoppingcentern und Fachmarktzentren gebundenen Investitionen durch stabile Mieten zu verzinsen. Das gelingt, wenn die von den Endkunden an das Objekt gestellten Erwartungen trefflich erfüllt werden – und zugleich die von den Mietern an das Objekt gestellten Umsatzerwartungen hinreichend gut. Denn letztlich mietet der Einzelhändler keine Fläche, sondern eine Umsatzerwartung. Die künftige wirtschaftliche Entwicklung der Shopping- und Fachmarktcenter wird von den Fähigkeiten des Center- und Assetmanagements abhängen, das Center auf die Kundenbedürfnisse abzustimmen und als Marke im lokalen Markt zu etablieren.
Der Text war Grundlage eines Artikels für Polis, Magazin für Urban Development.
Autor: Ralf-Peter Koschny, Sprecher des Vorstandes der bulwiengesa AG und verantwortlich für das Fachgebiet Einzelhandel sowie Mitglied der Counselors of Real Estate (CRE). Kontakt: koschny [at] bulwiengesa.de